Das Blog Grenzgängerbeatz hat Navid Kermani im Interview. Dabei geht es auch um die Verbroderung unserer Medien:
Was in dieser ganzen Debatte um den Islam auffällt, ist dass so gut wie kein Islamwissenschaftler zu Wort kommt. Prof. Wild, einer der renommiertesten Islamwissenschaftler, hatte in einem Leserbrief in einer großen deutschen Tageszeitung diesen Zustand kritisiert. Was sind die Gründe für diese Abwesenheit der Wissenschaft in diesem Diskurs?
Kermani: Weil die Islamwissenschaftler nicht das sagen, was die Medien wollen. Weil die Islamwissenschaftler, so kann man es auch gelegentlich lesen, quasi pauschal dem Islamismus auf dem Leim gegangen sein sollen. Also die Islamwissenschaft wird qua Wissenschaftlichkeit unter Generalverdacht gestellt, weil sie nicht die Antworten bietet, die in den Talkshows gefordert werden. Ein wissenschaftlich fundiertes Urteil ist dort nicht gefragt, und entsprechend werden diese Stimmen auch nicht gefragt, weil sie differenzieren, und Differenzierung braucht Zeit. Sie bietet nicht sofortige pauschale Antworten, sie ist oft nicht in ein zwei Minuten zu erledigen, und das geht in diesem aufgeregten Diskurs vollkommen unter. Im übrigen zeigt sich eben auch daran, dass man auf diese in Deutschland massiv vorhandene Kompetenz verzichtet, dass es eben keine Debatte um den Islam ist, um den Islam geht es nicht wirklich, sondern es geht darum, wie man sich selbst definiert. Der Islam dient hier oft als Folie. posted by Arne Hoffmann @ 11:06 AM
ZitatJedem von Flaigs vorgebrachten Beispiel muslimischer Greuel lassen sich christliche oder ?westliche? Beispiele entgegenhalten - eine ganz unfruchtbare Diskussion, die in dem Masse Emotionen freisetzt, wie sie Rationalität behindert. Eine Gruppe Islam- und Nahostwissenschaftler aus Deutschland, Professor Dr. Stephan Conermann, Universität Bonn, Professor Dr. Werner Ende, Universität Freiburg, Professor Dr. Gudrun Krämer, Freie Universität Berlin, Professor Dr. Thomas Philipp, Universität Erlangen und Professor Dr. Stefan Reichmuth, Ruhr-Universität Bochum, würden gerne in der F.A.Z. bei derartig sensiblen Themen Sachkunde sehen und keine Brandschriften.
Zitat von M.M.HanelEine Feststellung, die ich schon vor mehr als 10 Jahren getroffen habe und seit dem bei jedem interreligiösen Gespräch erwähnen muss, bei welchem die angeglich derart fürchterliche Gewalt der Muslime, des Islams angesprochen wird. Siehe z.B.: http://www.islamheute.ch/Fundamentalismus.htm
"Sie können sich vielleicht vorstellen, daß es für mich keine unbedingt erfreuliche und erbauliche Aufgabe darstellt, zu dem oben genannten Thema zu referieren.
Der Grund liegt ganz einfach darin, daß es die moderne westliche Bildungs- und Medienpolitik vortrefflich verstanden hat, die urchristliche auffordernde Ermahnung: "was siehst du auf den Splitter im Auge deines Bruders und wirst des Balkens in deinem Auge nicht gewahr" sträflichst zu vernachlässigen und in ihrer Ausübung leugnet.
Auch dieses Thema will ich nicht wirklich bearbeiten, aber ich möchte doch darauf hinweisen, daß gerade das 20. Jahrhundert jenes Zeitalter ist, in welchem so viele Menschen den gewaltvollen Tod auf Grund kriegerischer Auseinandersetzungen erleiden mußten, wie in vielen Jahrhunderten davor zusammengenommen nicht. Und ich muß darauf hinweisen, daß es sogenannte Christen waren, welche diese Kriege sowohl untereinander (die Weltkriege) wie auch gegen andere Gemeinschaften (Rassenkriege und Vietnam) führten. Ein Dialog, der in vorwurfsvolles Aufrechnen unterschobener oder wirklich begangener Verbrechen führt - solch einen Dialog sollten Menschen, welche die Verantwortung für die Zukunft der Menschheit zu übernehmen bereit sind schlichtweg ablehnen."
oder der meist im gleichen Ritus ablaufende Dialog zwischen kurzsichtigen, realitätsfremden "ISLAM-Feinden":
Zitat von M.M.HanelSie sind doch Christ und verstehen ihre Religion und stehen auch zu ihr, nicht wahr?
(Ja, natürlich!)
Möchten Sie mir also erklären, dass das himmlische Geschenk der christlichen Amerikaner an Hiroshima und Nagasaki aus christlicher Nächstenliebe vom Himmel hoch hernieder fiel?
Dass die beiden Weltkriege, die napoleonischen Kriege, der 100-jährige Krieg, der 30-jährige Krieg, (alles Kriege von Christen gegen Christen) die Vernichtung der Nord- und Südamerikanischen Indianer, der Irakkrieg, Vietnam, usw. alle vom Geist der Bergpredigt inspirierte Wohltaten waren?
Wollten Sie all das mit ihrer tatsächlich provokativ gestellten Frage (in Ton und Formulierung) zum Ausdruck bringen?
Oder möchten Sie vielleicht doch die politische Realität anerkennen, dass auch die Muslime unter der Herrschaft von Despoten und machtgierigen Diktatoren und natürlich auch aus eigenem Versagen gar wenig Möglichkeit haben, die Schönheit und Vollkommenheit ihrer Religion zu leben?
Unsere Welt ist erblindet aufgrund der aufdringlichen, überheblichen Versuche jener, die einen Balken im Auge UND noch dazu ein Brett vor dem Kopf haben und dennoch den Splitter aus dem Auge des Nächsten gewaltvoll zu entfernen suchen. (Dies sind teilweise den Christen bekannte Worte aus der Bibel NT)
Können Sie verstehen, was ich klar zu machen versuche?
Wissen Sie, lieber Herr, wir Muslime (da muss noch einiges an Aufklärungsarbeit unter uns geschehen) kennen die christliche Religion UND den Islam viel zu gut, um die zwischen der Religion an sich und den entstellten und missbrauchten, politisch umgesetzten Versionen derselben unterscheiden zu können!
Und im Interesse unser aller künftigen Generationen sollten wir dies vielleicht sogar gemeinsam lernen! Oder? Verstehen Sie, was ich zu verdeutlichen versuche?