Bismillahi Rahmani Rahim Gedanken zur ?Aufhebung des Inzestverbots"
Der Bundesrat trägt sich mit dem Gedanken, das Inzestverbot aufzuheben. So ließen es uns die Medien kürzlich wissen. Dieser Vorstoß entstand quasi aus heiterem Himmel und ?ohne Not?. Begründet wird die mögliche Aufhebung damit, dass ?gemäß dem Bundesamt für Statistik pro Jahr (bloss) durchschnittlich drei bis vier Urteile wegen Inzest gefällt? wurden, das Gesetz daher von nur ?marginaler Bedeutung? sei. Das Verbot schränke die individuelle und sexuelle Freiheit der Erwachsenen (und nur um diese geht es bis anhin) ein, so wird von Befürwortern der Aufhebung argumentiert. Zudem sei der eugenische Aspekt (der des gesunden Erbguts) nur bedingt relevant und nicht belegt. David Gibor, Strafrechtsspezialist, sieht zudem im Verbot des Inzests das ?verfassungsmäßige Individualrecht auf Familie verletzt?. ?Solcherlei staatlich betriebene Eugenik? müsste sich konsequent zuende gedacht auch auf nicht Verwandte ausweiten lassen und stelle sodann einen ?Angriff auf die reproduktive Freiheit aller? dar, Menschen mit minderwertigen (defekten) Erbanlagen würden dann diskriminiert. Die Menschen hätten ?Vorurteile? gegenüber dem Inzest, ?überkommene Wertvorstellungen? seien die Basis für solche Verbote. Dennoch ? und dann das oben genannten ?Individualrecht auf Familie? doch wieder in Abrede stellend - bedeute die ?Aufhebung der Inzeststrafnorm keineswegs Enttabuisierung der Verwandtenehe, sondern einzig, dass keine Strafwürdigkeit sexueller Beziehungen zwischen erwachsenen Blutsverwandten besteht?. Das heisst also, das, was die Menschheit über Jahrtausende auch in unseren christlichen Breitengraden als verwerflich eingestuft hat, nämlich die aussereheliche geschlechtliche Beziehung, wäre dann zwischen Verwandten erlaubt, der (Gross-) Vater darf seine (Enkel-) Tochter, die Schwester den Bruder aber weiterhin nicht vertraglich ehelichen?. wäre wohl rechtlich von zu grossen Komplikationen begleitet. Es geht alleine um die vielgerühmte und - bemühte ?individuelle und sexuelle Freiheit? (die arme, sie ächzt und stöhnt schon unter der Last, die man ihr ungebührlich auflastet?.)
Übrigens sind SVP, CVP und EVP natürlich gegen diese neue Regelung, FDP dafür und SP eher indifferent ? man darf, muss sich als Muslim wohl in diesem Fall (nicht zum ersten Mal) hundertprozentig hinter die Meinung der SVP stellen?.bleibt uns gar nichts anderes übrig!
Kein Normalbürger kann jedenfalls wirklich durchschauen, was die Beweggründe für diesen Vorstoss (zum jetzigen Zeitpunkt und überhaupt) sind. Bei einer eh schon schwelenden oder immer wieder aufflammenden Debatte über (auch innerfamiliären) Kindsmissbrauch sowieso - einfach unverständlich!
Lagen denn alle Generationen vor uns so grundlegend falsch, wenn sie die ?individuelle und sexuelle Freiheit? sehr wohl einschränkten? Geht es wirklich nur um die Vererbung von Genen, wenn man hier Schranken setzen will, haben diejenigen, die hier ?traditionelle? Wertvorstellungen vertreten, etwa falsche Vorstellungen und ?Vorurteile? ? oder gibt es so etwas wie ein Gewissen, einen inneren Instinkt, der sehr wohl sinnvoll richtungsweisend sein kann? So formulierte zum Beispiel die NZZ am 04. 01.2011: Die Vorstellung, dass ein Eltern- oder Großelternteil gleichzeitig Sexualpartner des erwachsenen Kindes oder Enkels ist oder dass Geschwister zu Liebespaaren werden, hat etwas Verstörendes an sich und widerspricht grundlegenden Instinkten und tief verwurzelten Werten. Wenn sich die sozialen Strukturen und festen Rollen im Familienverband derart auflösen, wird die Familie als Institution prinzipiell in Frage gestellt. Deshalb kann man mit Fug die Ansicht vertreten, dass Inzest weiterhin pönalisiert werden soll ? als eine der letzten Schranken in unserer weitgehend tabulosen Gesellschaft.
Na, Gott sei Dank ? und Dank an Katharina Fontana, die Autorin dieses differenzierten Artikels. Immer noch gibt es also Menschen, welche den Mut aufbringen, ihrem Empfinden für sinnvolle Schranken und Tabus Raum zu geben ? in einer Zeit, in der nichts mehr belächelt, disqualifiziert und verunglimpft wird als dies.
Man hat ja in der letzten Jahrhunderten und Jahrzehnten mehr als je zuvor sämtliche althergebrachte Ordnungen und Wertvorstellungen in Frage gestellt ? sicher nicht ohne auch im positiven Sinn befreiende Ergebnisse. Es ist gewiss nicht grundsätzlich schlecht, mit altem Ballast aufzuräumen, der sich überlebt und teils ad absurdum geführt hat. Dennoch muss man grundsätzlich hinterfragen, nach welchen Prinzipien und Richtlinien hier ?aufgeräumt? wird und welche Wertordnung (denn irgendeine solche liegt wohl immer allem zugrunde) hier anstelle gesetzt wird.
Es ist eigentlich davon auszugehen, dass auch Politiker, Bundesräte, wie andere Menschen auch, diese ?grundlegenden Instinkte? in sich tragen, von denen K. Fontana hier spricht. Den ?Instinkt? oder vielleicht auch das ?Gewissen? (und im Wort Gewissen steckt ?Wissen?!), der/das uns meldet, wo Grenzen überschritten werden, deren Überschreitung man ganz einfach als Übel wahrnimmt und die ? zumindest solange sie noch nicht überschritten sind! - (große) innere Widerstände auf den Plan ruft. Als Schranke, die man in aller Regel (und die Ausnahmen bestätigen diese ja, wie man sagt) nicht überschreiten möchte, die man als ?Tabubereich? empfindet. Sind also unsere Bundesräte gewissenlos und vollkommen enthemmt? Allem Anschein nach sind sie das nicht, sondern ?normale Menschen? wie du und ich. Nach welchen Prämissen aber werden also Vorstöße wie dieser lanciert? Man hat oft den Eindruck, dass sehr vieles, was in der Politik besprochen und entschieden wird, rein kopfgesteuert, ideologisch und/oder an wirtschaftliche Richtlinien angepasst ausgerichtet ist ? so auch in diesem Fall. ?Individuelle Freiheit? kann nämlich, auf den lebendigen Menschen angewandt, so wie dieser Terminus gängig benutzt wird, im eigentlichen Sinne oft nur als Willkür oder Anarchie (chaotische Ordnung) bezeichnet werden. Nimmt man die innere menschliche Beschaffenheit, sein gesamtes ?Wesen? ? und dieses geht über das, was wir unter ?menschlicher Psychologie? verstehen wohl hinaus, umfasst die Seele bis in ihre Äste und Zweige hinaus ? als Parameter, dann kommt man oft zu völlig anderen Schlüssen als die Vertreter der verschiedenen ?Ideologien?.
Wahrscheinlich ist sowohl Inzest als auch verschiedenste andere Sexualpraktiken für die Mehrheit der Menschheit in ihrem Empfinden fürs Gesunde, Ausgewogene etwas, das uns zutiefst ?gegen den Strich geht?. (Wie gesagt, Ausnahmen mögen diese Regel bestätigen.) Der Mensch strebt danach, sich aus seinem Dasein in der Polarität dem ?Du? zuzuwenden, mit dem es wachsen kann, sich möglichst umfassend weiten, ergänzen und entfalten kann. Wird dieses Bedürfnis voreilig und auf dazu wenig geeigneter Ebene befriedigt, kommt die Seele nicht genügend zum Zug, verkümmert. Wird der Kreis eng, innerhalb dessen der Mensch seine auch seelischen Möglichkeiten umsetzen will, kann es umso schneller zum ?Kurzschluss?, zum Zusammenbruch innerhalb des (persönlichen und gesellschaftlichen) Systems kommen.
Jedes Geben und Nehmen unterliegt einer eigenen Ordnung, ist geregelt. Ausserhalb dieser (gesunden) Regelung fehlt auf spiritueller Ebene der Segen jener Transaktion. Nur innerhalb dieser Ordnung wird unser menschliches Potential durch jeglichen Austausch in Wirklichkeit bereichert. Erst durch ihren Rahmen, ihren Schutz bekommt unser Essen, unsere Kleidung, unserer Wohnung und unsere Sexualität den Segen ? im Sinne von Einbezug des Seelischen und der Anbindung an das Göttliche - die diesem allem zugedacht wäre. Erst dann wachsen wir aus dem Zustand des Säuglings in den eines auch seelisch erwachsenen Menschen hinein, der eines verantwortungsvollen Austauschs fähig ist. (Ist dieser Austausch auf solcherart ?gesegnete? Weise nicht möglich, müsste Enthaltsamkeit geübt werden. In der Enthaltsamkeit bekommt die Seele die Gelegenheit, in ihrem Streben und ihrer Sehnsucht zu wachsen, sich Wurzeln im Geistigen zu suchen - um das Körperliche dann wieder damit zu er- füllen. Der muslimische Fastenmonat Ramadan ist ein Paradebeispiel für diese Enthaltsamkeit. Es geht hier beileibe nicht nur um eine Reinigung des Körpers sondern vorwiegend um diesen Einbezug des zeitlos Geistigen in unser körperlich-weltliches Leben.)
Die segensreiche Ordnung eines Ehepaars, die von Sexualpartnern, ist eine, die der Familie insgesamt eine andere, vielschichtigere. Bringt man diese ?Ordnungen? kreuz und quer durcheinander, kommt jeder daran ? auch nicht direkt ? beteiligte Mensch zu Schaden ? ganz abgesehen von ?organisatorischen? wie z. B. erbrechtlichen Faktoren! (Der zwar nicht unumstrittene aber doch von weiten Kreisen ernstgenommene Theologe und Psychoanalytiker Bert Hellinger hat dies in seiner ?Familien-Stellen? genannten Therapiemethode anschaulich verdeutlichen können. )
Fatal ist außerdem die weit verbreitete ?Unsitte? Sexualität eins zu eins mit Liebe gleichzusetzen. Keine Frage, dass Liebe zwischen Menschen allgemein und engen Familienangehörigen im Besonderen eine entscheidende tragende Kraft ist und sein soll. Dass sie bestärkend, glücksfördernd, und insofern auch seelisch bereichernd wirkt, in Beziehungen aller Art einen unentbehrlichen Faktor für den Zusammenhalt darstellt. Das undifferenzierte Nebeneinanderstellen von Liebe und Sexualität erweist sich hingegen zunehmend als Unordnung und stiftend, Chaos und Zerstörung fördernd, die Liebe letztendlich empfindlich schwächend und verletzend! Man kann Sexualität einfach weder ausschliesslich als ?Teilelement der Liebe? noch Liebe als unhinterfragte Legitimation für gelebte Sexualität betrachten. Solcherlei Vermischung führt zur Verletzung der klar geordneten Seelenstruktur, des inneren Wissens des Menschen und somit letztendlich zu mehr Unordnung und Leid sowie weniger Liebe im einzelnen Menschen sowie den menschlichen Gemeinschaften. Im Gegensatz zur Liebe, die gibt ohne jede Berechnung, geht es in der Sexualität auch um Geben und Nehmen ? nicht zuletzt in ihrer Funktion als ?menschlicher Reproduktionsfaktor? von menschlichem LEBEN! Sie muss daher ? in ihrem Gesamtzusammenhang bestimmt als eines der wertvollsten, vielschichtigsten ?Güter? überhaupt - sehr wohl einer überaus verantwortungsvollen und feinfühligen Ordnung unterworfen sein!
Seit Menschengedenken wurde der Bereich der Sexualität deshalb als eine der grössten und für das menschliche Leben elementar wichtige Kraft überall als Heiligtum gehütet, einer weisen Ordnung unterstellt. Nun soll sie auf einmal ? genau wie alle anderen Güter auf dem ?freien Markt? - als leichtgewichtige ?Ware? gehandhabt werden, möglichst keinen Beschränkungen mehr unterworfen noch durch angemessene Verantwortung getragen werden. In ihrer Schrankenlosigkeit legitimiert durch ein ?ideologisches Konzept? welches wie gesagt dem Menschen einfach nicht gerecht werden kann.
Wir sollten unbedingt wieder den Mut fassen, zu uns als ganzen Menschen, als Wesen mit Körper und Seele und mit einem Bedürfnis nach Sinngebung in unser Dasein und all unsere Handlungen zu stehen, sollten dies angehen, bevor es endgültig zu spät ist. Die gesetzliche Legitimierung von Inzest wäre ein Schritt in die diesem entgegengesetzte Richtung!