Muslime in Bedrängnis ? fehlende Abgrenzung? Verfasser: S. Mohamed
Es wird, was Islam und Muslime betrifft derzeit sehr viel diskutiert. Alle möglichen Themenbereiche werden angesprochen und analysiert. Dabei werden wir Muslime vor allem von Nichtmuslimen oft ziemlich in Bedrängnis gebracht, es werden nicht bloss profunde Kenntnisse des Islam, des Fiqh und der Scharia verlangt, auch ein grosses Mass an Diplomatie, menschlicher Reife und Fähigkeit zur ?empathischen? Kommunikation sind vonnöten. Diskutiert werden u.a. bauliche Fragen von Moscheen, Beschaffenheit von muslimischen Friedhöfen, das Verhältnis der Muslime zum Sport, Schwimmen vor allem, in welchen Kleidern, welcher Umgebung? Bekleidungsfragen: u.a. die ewig wiederkehrenden Fragen um das Kopftuch herum, das Verhältnis des Islam und der Muslime zu Gewalt: schlagen Muslime ? vom Qur?an autorisiert ? ihre Frauen? Zwingen sie ihre Kinder zur Ehe? Steinigen sie? Töten sie Glaubensabtrünnige, Homosexuelle, Ehebrecher? Familien ? und Erbrecht: warum Polygynie, nicht aber Polyandrie, warum erben Frauen nur die Hälfte des Anteils, welcher den Männern zusteht? Ist der Islam/die Scharia mit den Menschenrechten vereinbar? Sind Muslime gewalttätig und beschränkt? Schreibt ihnen der Qur?an den Krieg gegen die ?Ungläubigen? vor? Und warum überhaupt wollen diese Muslime sich partout an einem 1400 Jahre alten Buch orientieren, nach ?mittelalterlicher Manier? anstatt sich angemessen zu integrieren, zu assimilieren in/an unsere moderne Welt des Jahres 2010? Die herablassende und besserwisserische Haltung, die Berufung auf mit Unwahrheiten gespicktem Halbwissen, das Klassifizieren jeglicher muslimischen Aussage/ Handlungsweise im Lichte vorgefasster Fehlurteile ? alles das macht es uns Muslimen denkbar schwer bis unmöglich ein gutes Bild unserer Selbst und unseres Din, unserer Religion abzugeben! Nur schon die Tatsache, dass man an einem Tisch mit sogenannt ?fortschrittlichen Muslimen? sitzt, welche allem Anschein nach nur die Absicht haben, den Islam von innen her zu sabotieren und mit ihrem Unwissen, ihrer Lieblosigkeit, ihrem Desinteresse daran zu beschmutzen, ist eine Zumutung, zeugt von der traurigen Position von uns Muslimen inmitten einer Gesellschaft, die von Religion im Sinne einer Lebensweise nichts wissen will.
Viele Muslime sind von diesen Verhältnissen dermassen überfordert, dass sie sich entweder ganz von dieser ?Front? zurückziehen und ihr Muslimsein nur noch im Privaten leben, säkular, als Einzelne, als Angelegenheit zwischen ihnen und Allah. Oder depressiv werden. Oder sich gar nicht mehr um gewisse Inhalte des Din kümmern und sich mit der Zufriedenstellung ihren unmittelbaren menschlichen Bedürfnisse ?wie alle anderen Menschen auch? zufrieden geben.
Bei der öffentlichen Diskussion muslimischer Belange fällt auf, dass ein Bereich des Din sehr selten bis nie zur Sprache kommt, weder von Muslimen noch von Nichtmuslimen öffentlich angesprochen wird. Es ist dies der Bereich der Ökonomie. Dabei ist gerade dies der Sektor, in dem sogar Nichtmuslime bereits einen Rettungsanker entdeckt haben. Im Fiqh ist in der Tat ein sehr weises und ausgewogenes Wirtschaftskonzept enthalten. Eines, das auf Erhaltung des natürlichen Gleichgewichtes zielt, eines das die Zinsproblematik ? Quelle grössten Übels - von der Wurzel her unterbindet.
Im heiligen Qur?an heisst es zur Zinswirtschaft u.a.: "Diejenigen, die Riba einnehmen, stehen nicht auf, außer wie derjenige aufsteht, auf den der Satan schlägt - vor Bessenheit (oder ?mit Wahnsinn?). Dies weil sie sagten: "Das Verkaufen ist doch nur genauso wie Riba". Doch Allah erklärte das Verkaufen für Halal (Erlaubt) und Riba für Haram (Verboten). Also wem eine Ermahnung von seinem Herrn zukam und er es dann unterließ, dem gehört, was er bereits am Riba nahm, und seine Angelegenheit unterliegt Allah. Und wer es wiederholt, diese sind die Weggenossen des Feuers. Darin werden sie ewig sein. Allah lässt Riba schwinden und die Sadaqa (freiwillige Spende) anwachsen. Und Allah liebt nicht jeden äusserst verfehlenden Glaubensverweigerer." (Sure 2, Ayat 275) "Ihr, die ihr glaubt, fürchtet Allah und lasst, was vom Zins übriggeblieben ist, wenn ihr Gläubige seid. Und wenn ihr das nicht tut, so vernehmt Krieg von Allah und Seinem Gesandten und wenn ihr reuig umkehrt, so gilt, euch gehören eure Ausgangskapitalien. Ihr begeht kein Unrecht und euch wird kein Unrecht getan." (Sure 2: 278-279) "Was ihr mit Zinsen verleiht, damit es sich durch die Vermögenswerte der Menschen vermehrt, dies vermehrt sich bei Allah nicht. Doch was ihr an Zakat entrichtet, mit der ihr Allahs Wohlgefallen anstrebt, diese sind die wirklichen Vervielfachenden." (30:39) Und der Prophet (Friede sei mit ihm und der Segen Allahs) hat dazu u.a. gesagt: Riba ist bei Allah siebzig Mal schlimmer, als wenn jemand bei der Kaaba Zina begehen würde.
Alleine diese Anhaltspunkte sollten genügen, um uns den Schweregrad des Vergehens gegen das Zinsverbot deutlich von Augen zu führen. Jeder praktizierender Muslim hat wohl das Verbot, Zina (?Unzucht?) zu begehen ziemlich tief verinnerlicht. Nicht leicht ist diese Schranke zu durchbrechen. Zina bei der Kaaba? unvorstellbar?! Hingegen ist das Zinsnehmen /- geben zu unserem selbstverständlichen Alltag geworden: mit jedem Gebrauch des in Umlauf befindlichen Geldes auf der ganzen Welt überschreiten wir dieses Verbot des Umgangs mit Zins. Es ist uns in Fleisch und Blut übergegangen, alle unsere Geschäfte mit (hoch) verzinsten Scheinen zu tätigen, denen keinerlei Wert zugrunde liegt ausser dem Wert, der ihnen durch unseren GLAUBEN daran und unsere Bestätigung ihres ?Wertes? durch ihre aktive Verwendung zukommt. Schon im Reich der Sumerer, 4000 Jahre vor der christlichen Zeitrechnung hat es (?Natural?-) Zins gegeben, schon Aristoteles hat sich dagegen ausgesprochen, Thomas von Aquin hat dieses Verbot kanonisch im christlichen Raum festgelegt. Dennoch hat sich das Zinswesen hier wie überall wieder durchgesetzt und treibt heute nie dagewesene ?Blüten?, Muslime mischen eifrig mit. Jede Transaktion ist eine Zinstransaktion, wir können nichts kaufen, mieten, nicht einmal Papiergeld berühren, ohne dass uns der ?Dunst des Zinses? erreicht. Immer noch glauben manche Muslime, dass man mit einem zinsfreien Postkonto ?aus dem Schneider? wäre oder dass man, wenn man keinen verzinsten Kredit aufnimmt, schon auf der ?safe side? wäre. Dem ist aber nicht so. Jeder Dollar, jeder Franken, Euro was es auch immer an Währungen den Zentralbanken entspringt ist vom ersten Moment an verzinst. Ca. im 15. Jahrhundert fing man damit an, Wechsel für deponiertes Gold auszustellen. Diese Wechsel wurden, nachdem sie oft nicht zurückgefordert, sondern direkt als Zahlungsmittel verwendet wurden, pro deponierter Goldeinheit mehrfach ausgestellt. (Siehe auch von M. Hanel http://www.islamheute.ch/ISLNATOEKO.htm ). Mit der Zeit bildeten sich Zentralbanken, die Geld nach Bedarf drucken und Geschäftsbanken, die dieses verleihen und zwar auch hier das Vielfache des eingelagerten Papiergeldbetrags, nämlich (in der Regel derzeit) das zehnfache davon. Verzinst, versteht sich! Dazu kommt, dass Zentralbanken wie die europäische oder die Federal Reservebank (seit 1913 in einer Nacht- und Nebelaktion auf Jekyll Island) vom Staate unabhängige Organe sind, von denen selbst die Staaten verzinstes Geld borgen müssen. Die Schulden, die sich auf diese Weise angehäuft haben, (beileibe nicht nur in der ?dritten Welt?!) sind mittlerweile weltweit nicht mehr rückzahlbar, auch nicht über Generationen. Das Geld, das wir in Händen halten, sowie natürlich noch weniger das, welches nur auf unseren Kreditkarten abgebucht wird, hat absolut gar nichts mehr mit einem ausgewogenen Zahlungsmittel zu tun. Eher schon mit dem ?Besen? den der ?Zauberlehrling? bei Goethe, der nicht mehr zu bremsen ist. Ausstieg aus dem Wachstumszwang ist fast nicht mehr möglich. Wir müssten uns auf eine komplette Umstrukturierung unseres gesamten Lebens einstellen und in diese einwilligen? zumindest WIR MUSLIME!
Die nach aussen sichtbaren Auswirkungen sind viele, Greenpeace kann ein langes ? hässliches- Lied davon singen. Das Ungleichgewicht ist gross! Vor einiger Zeit noch hiess es, 20% der Menschen brauchen 80% der Ressourcen weltweit (die ?Schere? wird immer grösser). Hunger, Krieg, Armut, ökologische Katastrophen sind überall evident. Sämtliche verfügbaren Ressourcen werden geplündert, in Flora, Fauna, in den Elementen, im Menschen. Krankheiten (teils nie dagewesene) greifen um sich, es ist eine Schwächung jedes grösseren und kleineren Organismus wahrnehmbar. Der Mensch muss immer mehr, immer schneller arbeiten um das Nötigste zum Leben zu bekommen, immer rücksichtsloser werden gegenüber der gesamten Schöpfung.
Keine Frage, dass die Art und Weise unseres Umgangs mit dem Austausch von Waren und Werten auch im inneren der Schöpfung, vor allem des Menschen, Wirkung tut. Wie man aus dem Hadith unseres verehrten Propheten schliessen kann - und es gibt noch einen ganz ähnlichen, Zinsen seien 70 (?) mal schlimmer als die Zina eines Mannes mit seiner Mutter ? ist das Medium, mit dem wir für Waren oder Leistungen bezahlen auch mit Energie gleichzusetzen. Und zwar mit einer ungleich stärkeren als der gewaltigen sexuellen Energie! Die, fehlgeleitet, schon zu einem sehr grossen Mass an Ungleichgewicht und Krankheit führt, der Zins also folgerichtig zu einem NOCH (viel) grösseren Ungleichgewicht, zu NOCH ? viel- mehr an Krankheit!
Und: Es vermehrt sich das BEI ALLAH nicht, was da mehr zu werden scheint bei Einsatz des Zinses (Qur?an 30:39) sondern derjenige der ihn benutzt, wird auferweckt wie ein vom Wahnsinn Geschlagener!(2:275) Das heisst, wie einer, der sich von sich selbst und von jeglichem von Allah bestimmten Gleichgewicht abgespalten hat, ?ausser sich? ist! (Wohingegen sich das Ausgeben von Sadaqa und Zakat lohnt, dieses vervielfältigt sich bei Allah ? das heisst, in Wirklichkeit!)
Ist es nicht bereits offen sichtbar, worin dieser ?Wahnsinn? besteht, sowie auch der ?Krieg von Allah und seinem Gesandten" (2:279) wie er sich bereits jetzt, in dieser Welt auswirkt? Was er auch an grosser psychischer Krankheit hervorbringt - neben den Krankheiten und dem Schaden, den alleine der immer grösser werdende Druck durch die immer ansteigende Geldmenge, die es zu begleichen gilt, verursacht!? Ist es ein Wunder, dass sich das Abnehmen der Wertbeimessung auch im Inneren des Menschen bemerkbar macht, dass der Umgang miteinander immer unverbindlicher, die Handhabung alles Wertvollen immer lausiger wird? Es fehlt an Kraft, Affirmation, Wertschätzung auf der ganzen Linie. Unsere inneren Werte verlieren an Substanz, genau wie die Stoffe im Kleiderladen. Und das, was wir unterschlagen, macht sich in diffusen Formen als ?Depressionen?, Aggressionen, Perversionen bemerkbar.
Man könnte die Sichtweise auch umdrehen und sagen: jedes Missgeschick, das den Muslim trifft, beginnt mit einem Zuwenig an Liebe zu Allah taala und Seinem Gesandten. Allah subhanahu wa taala hat alles in einem Gleichgewicht geschaffen, uns, um IHM zu dienen. Seine Gebote sind dabei eine Richtlinie, eine Ni'ama, eine Wohltat, wenn wir sie einhalten, sind wir ?gerettet?, dürfen in Seiner Liebe ?wohnen?. Und wenn wir dies nicht tun, haben wir ?Krieg von Allah und Seinem Gesandten? zu erwarten. Im Falle der Zinswirtschaft bedeutet dies, dass anstelle der Liebe zu Allah und der Hingabe zu Ihm, welche einen liebevollen und massvollen Umgang mit der Schöpfung implizieren, uns die Gier erfasst. Gier wird Sucht, Sucht führt zur Zerstörung. Das ?Loch?, welches durch das Fehlen der Liebe entsteht, ist durch gar nichts zu ersetzen und muss durch immer mehr Falsches, Nichtiges gefüllt werden. So scheint es einem, so redet es einem Schaitan ? audhu billahi minhu ? dann auch fleissig ein. Dies führt zu einem diametralen Anstieg jeglicher Kraft, die wir an der Liebe Stelle setzen ins Unermessliche und geradewegs in die pure Zerstörung. Ja, in die völlige Zerstörung und Vernichtung unserer von Gott gegebenen Umwelt und damit unser aller Lebensgrundlagen ? und daher letztlich unserer selbst. DIES ist der "Krieg von Allah" - der somit darin besteht, dass der Khalifa auf Erden - also der Mensch - Krieg gegen den Menschen, gegen sich selbst zu führen hat. Die dem zugrunde liegende Energie (sozusagen ?Munition?) dabei sind Habsucht, Gier und Egoismus in allen Ausformungen, genährt und ermöglicht durch die ?Waffe? des Zins und Zinseszins!
Es sieht also so aus, als ob Zins (Riba) genau das Mittel wäre, durch das sich unsere Lieblosigkeit und Undankbarkeit gegenüber unserem Schöpfer ?materialisieren? kann! Und was für ein Schrecken dabei herauskommt!!!
Es wäre also allerhöchste Zeit, dass wir von beiden ?Enden? her an der Restauration unserer selbst und unseres Din arbeiten: auf der einen Seite daran, unsere Liebe zu Allah und Seinem Gesandten zu stärken. Auf der anderen Seite daran, dieses Element unseres Glaubens, die Wirtschaft, wieder in Bahnen zu lenken, wie sie uns vorgeschrieben sind von Allah taala. Uns wie gesagt abzugrenzen in Wort und Tat. (Dazu brauchen wir erst mal GAR KEINE Waffen ausser unseren Mut und unsere aufrichtige Hingabe!) Dann erst machen wir einen Schritt in die Richtung, mehr als bloss ?Schaum auf einer Wasserflut? zu sein - und ein ernst zu nehmendes Gegenüber?.!
Möge Allah subhanahu wa taala uns die Kraft und den Mut geben, der nötig ist, um an Substanz zu gewinnen! Möge Er taala uns rechtleiten und zum Frieden führen!