Da das zentrale weltpolitische Problem unserer Gegenwart der Terrorkrieg islamistischer Gruppen gegen den Westen ist, dachte ich, dass es von Vorteil sein könnte, sich ein wenig über dieses Thema zu erkundigen und diesen Glauben ein wenig zu entschärfen.
Begriffserklärung
Das Wort "Dschihad" wird fälschlicherweise oft von Nichtmuslimen mit dem Begriff "Heiliger Krieg" übersetzt, obwohl es im Islam keine Grundlage gibt, die diese Übersetzung rechtfertigen würde. Muslime benutzen das Wort "Dschihad" mit völlig anderer Bedeutung:
Der Begriff »Dschihad« stammt von der arabischen Wurzel »Jahd« ab, was soviel wie Mühe, Mühsal oder Anstrengung bedeutet. Im Islam wird mit Dschihad: «die permanente Auseinandersetzung des Gläubigen mit dem Bösen in der Welt« ausgedrückt. Die Bedeutung von Dschihad kann jedoch solange nicht begriffen werden, ehe ein anderes islamisches Prinzip behandelt wird, das in mit Dschihad in enger Verbindung steht: nämlich »Salam« - Frieden. Frieden ist eine der höchsten Pflichten im Islam, was schon am Namen der Religion zu erkennen ist: die Begriffe Islam und Salam entspringen derselben arabischen Sprachwurzel. Darüber aber machen sich die meisten Nichtmuslime keine Gedanken und genau auf dieser Unkenntnis der Bedeutung des Wortes Islam, beruht wohl der größte Teil der Missverständnisse, die dem Islam entgegengebracht werden. Unsere Religion führt die Menschen zum Frieden und im Islam gibt es das Prinzip des Dschihads, weil genau diese Auseinandersetzung die Menschen zum Frieden anleitet und nicht wie uns vorgeworfen wird zur Verbreitung unserer Religion durch Gewalt. Und Dschihad, als Wort aus dem Koran, hat weder die Bedeutung "heilig" noch "Krieg" und sollte nicht so einfach übersetzt werden. So ist eigentlich alles, was ein Muslim macht: Dschihad. Sein Eintreten für Frieden und Gerechtigkeit wären ohne Dschihad, d.h. ohne ganzen Einsatz oder Mühe, nur halbherzig und unaufrichtig. Der Prophet Muhammad (Friede sei mit ihm) hat gesagt: "Der beste Dschihad ist, das Wort der Wahrheit (und des Rechtes) vor einem ungerechten Herrscher zu sprechen." Man sieht an dieser Aufforderung, welche Art von "ganzem Einsatz" hier gemeint ist, nämlich die persönliche Überwindung von Angst und Eigeninteresse. So wird auch dem Propheten Muhammad (Friede sei mit ihm) der Ausspruch zugeschrieben, als er einmal mit seinen Gefährten von einem Feldzug zurückkehrte: "Wir kehren zurück vom kleinen Dschihad zum großen Dschihad." Den Kampf mit der Waffe bezeichnete er also im Vergleich mit dem Kampf gegen das Ich (Ego) als den kleineren Einsatz. Dies sollte man alles im Hinterkopf behalten, wenn man über Krieg und Frieden im Islam spricht.
Dschihad wird grob in zwei Bereiche eingeteilt
? In den Kampf des Menschen gegen sich selbst , gegen sein Ego (arabisch »Jihadun- Nafs«) und ? in die verschiedenen Formen des Widerstandes gegen Faktoren, die Wahrheit, Frieden und Gerechtigkeit verhindern.
Nur aus diesem Grund ist im Rahmen von Dschihad auch der Kampf gegen jene Menschen erlaubt, die den Frieden unter den Menschen stören, Unheil stiften und die Menschen ihrer Freiheit berauben. Der Begriff des Dschihads wird heutzutage jedoch auch für die Terroranschläge und für Kriegserklärungen gegen westliche Länder verwendet. In diesem Vortrag wird mit Dschihad jedoch immer ein Verteidigungskampf gemeint, falls der Begriff Dschihad in Verbindung mit Kampf gebracht wird, ist zu beachten, dass der Begriff in diesem Vortrag immer als ein Verteidigungskampf angesehen wird und nicht als Angriffskrieg.
Wenn man den Koran liest, kann man feststellen, dass für Krieg ein anderer arabischer Begriff Verwendung findet statt Dschihad, nämlich »Harb« und für Kampf »Qital«. Damit sollte eigentlich klar sein, dass ein Unterschied zwischen Krieg und »Dschihad« besteht. Der heilige Krieg als Begriff kommt im Koran nicht vor. Ursprünglich stammt er wohl aus dem Mittelalter, zur Zeit der Kreuzzüge, als das christliche Abendland zu einer Kriegsfahrt in den Orient aufrief. Das nannte man einen "Heiligen Krieg". Aber der Begriff des "heiligen Krieges" hat sich erhalten und wird nun dem Islam und den Muslimen aufgestülpt, gegen die er sich in Wirklichkeit ja ursprünglich zuallererst gerichtet hatte.
Der Islam vertritt keinen blinden Pazifismus, d.h. er verlangt von seinen Anhängern nicht, das eigene Leben oder die Menschen, für die man verantwortlich ist, dem Prinzip einer Gewaltfreiheit zu opfern. Der Koran sagt: "Euch ist der Kampf vorgeschrieben, und er ist euch zuwider, und es ist möglich, dass euch etwas zuwider ist, das gut für euch ist, und es ist möglich, dass euch etwas lieb ist, was schlecht für euch ist, und Allah weiß, aber ihr wisst nicht." (2:216) Damit erkennt der Koran wohl an, dass die gewalttätige Auseinandersetzung in der Regel unerwünscht ist, aber er untersagt sie auch nicht völlig, sondern stellt klare Grundsätze für Gewaltanwendung und Gewaltverzicht auf.
Ebenso unmissverständlich wie der Koran den Kampf gegen Glaubenszwang und Unterdrückung befiehlt, verbietet er auch jeden Krieg, der aus anderen Gründen geführt wird, sei dies politische Macht, wirtschaftlicher Einfluss, Bodenschätze, und was auch immer vorstellbar ist. All dies bezeichnet der Koran mit dem Sammelbegriff der "Güter dieser Welt" und erinnert an das Leben nach dem Tod, wonach sich das Verhalten eines Moslems auch ausrichtet.
Zur Friedenssicherung und somit Kriegsverhinderung nennt der Koran mindestens drei Vorschläge:
1. Der Koran vertritt das Prinzip "Kein Zwang im Glauben" 2. Der Koran stellt den Krieg unter die härteste Bestrafung und ruft die schlimmen Folgen davon ins Bewusstsein der Menschen. 3. Der Koran erwähnt an verschiedenen Stellen das Abschliessen von Verträgen, die dazu führen, dass keine Kriege geführt werden. Ein solcher Vertrag gilt nur dann nicht mehr, wenn der Vertragspartner ihn gebrochen hat. Der Koranvers dazu: "Und wenn sie ihre Eide nach ihrem Vertrag gebrochen haben und euch wegen eurer Religion schmähen, dann kämpft gegen die Anführer des Unglaubens - für sie gibt es keine Eide, vielleicht lassen sie (dann) ab." (9:12)
Neben Verhandlungen gibt es noch ein anderes Prinzip um den Krieg auszuweichen und zwar ist es die ?Auswanderung?, die Hijra, was seit Anbeginn der islamischen Geschichte eine grosse Rolle spielt. Auch hier wird noch einmal deutlich, dass im Mittelpunkt der islamischen Lehre von Krieg und Frieden der Schutz der Freiheit des Bekenntnisses zu Gott steht.
Bedingungen für den Dschihad im Krieg und Notwehr
Ein Moslem hat natürlich das Recht auf Selbstverteidigung wie jedes Individuum. Aber er hat ebenso die Pflicht den Kampf zu beenden, wenn der Feind ihn einstellt. Die Haltung des Moslems, was den Krieg betrifft, ist also immer eine Erwiderung auf das, was ihm geschieht: "Und bekämpft diejenigen auf Allahs Pfad, die euch bekämpfen und übertretet nicht (Allahs Grenzen). Allah liebt die Übertreter nicht. Und tötet sie, wo ihr sie antrefft und vertreibt sie, von wo sie euch vertrieben haben... und wenn sie aufhören - Allah ist verzeihend und barmherzig, und bekämpft sie, bis es keine Zwietracht mehr gibt und die Religion Allahs ist. Und wenn sie aufgehört haben, dann (gibt es) keine Feindschaft, außer gegen die Ungerechten." (2:190-193)
Wenn Land und Leben also bedroht werden, sind die Muslime verpflichtet, sich zur Wehr zu setzen. Die Wehrpficht im Verteidungskampf ist beschränkt auf junge Männer mit guter Gesundheit, unter der Voraussetzung, dass sie die Erlaubnis der Eltern haben in den Krieg zu ziehen und in der Lage sind, den Unterhalt der Familie während ihrer Abwesenheit zu gewährleisten. Eine Ausnahme besteht dann, wenn der Feind bereits die Grenzen des muslimischen Landes überschritten hat, dann ist der Dschihad bedingungslose Pflicht für jeden fähigen Mann. Für einen Dschihad (im Sinne von Kampf) sind folgende Gründe zu nennen: Selbstverteidigung gegen Angriff, Vertreibung, Tyrannei und Freiheit des Bekenntnisses zu Gott, d.h. "bis die Religion Allahs ist." Noch eindeutiger heisst es im Koran: "Es ist denen erlaubt, die kämpfen, weil ihnen Unrecht geschah, und Allah ist ihnen zu helfen schon imstande. Diejenigen, die herausgetrieben wurden aus ihren Häusern, ohne Recht, nur weil sie sagten: ?Unser Herr ist Allah? - und wenn es nicht Allahs Abwehren der Menschen untereinander gäbe, wären bestimmt die Einsiedeleien zerstört und die Kirchen und Gebetsstätten und Moscheen, in denen Allahs Namens viel gedacht wird..."(22:39-40)
Hier ist der Dschihad also immer ein Verteidigungskampf, denn im Islam darf niemals ein Angriffskrieg geführt werden. Es ist aber auch wichtig, dass sich der Abwehrkampf nicht selbst zu aggressivem Verhalten entwickelt, wodurch Ausschreitungen gemacht werden, die der Koran verbietet. Um Ausschreitungen zu verhindern wird zum Beispiel gefordert, dass am Kampf nicht beteiligte Personen keinen Schaden nehmen, dass Kriegsgefangene menschlich behandelt werden sollen, Tiere nicht getötet, Felder nicht vernichtet und Städte nicht verwüstet werden dürfen. Somit ist der islamische Verteidigungskampf nur dann gerechtfertigt, wenn dadurch eine Aggression verhindert und Gewalt vermieden werden kann.
Der Prophet Muhammad (Friede sei mit ihm) richtete an seine Kämpfer folgende Worte: »Kämpft im Namen Allahs und auf Seinem Weg; tötet jene Ungläubige, die euch bekämpfen, doch überschreitet das Maß nicht und brecht nicht eure Abmachungen, schändet keine Gefangenen und tötet keine Kinder!«
Wer all dies berücksichtigt, kann sich nun selbst eine Meinung bilden, wann für die Muslime Widerstand gegen einen Angriff auf Freiheit und religiöses Bekenntnis erlaubt und gefordert ist, und wann die religiösen Gefühle der Menschen zu ganz anderen Zwecken missbraucht werden. Krieg als letzter Ausweg. Wir finden, dass der Prophet Muhammad (Friede sei mit ihm) nicht einen einzigen Krieg angezettelt hatte, sondern Krieg vielmehr nur aus Gründen der Verteidigung führte. Und selbst den Verteidigungskrieg wählte er erst als letzten Ausweg nach dem Fehlschlagen mehrerer Alternativen. Alle Kriege des Propheten waren dieser Natur. Zum Beispiel der erste Zusammenstoss der Muslime mit den Qureish-Stämmen geschah als Erwiderung auf die ständigen Aggressionen der Polytheisten gegen den Propheten und seine Gefährten und was die übrigen Feldzüge, Kriege und Angriffe des Propheten betrifft, wurden sie geführt, weil Verträge gebrochen wurden oder weil der Feind in der Schlacht von Uhud zum Beispiel, zurückgeschlagen werden musste.
Es wurde nun kurz behandelt, wie der Dschihad in Verbindung mit Krieg und Frieden gebracht werden kann. Auf den Dschihad, als Kamp gegen das Ego wird hier nicht näher eingegangen. Es kann jedoch kurz erwähnt werden, dass bei diesem Bestreben die negativen Eigenschaften des Menschen (Egoismus, Geiz, Angst?) ausgelöscht werden, um die Nähe Gottes zu erfahren, die uns ja eigentlich sowieso umgibt und Vollkommenheit zu erlangen.
Zum Schluss des Vortrages soll noch gesagt werden, der Islam nicht die Religion der Gewalt ist. Es ist jedoch auch Tatsache, dass es heutzutage Gruppierungen unter den Moslems gibt, für die der Dschihad zu einem Begriff des Klassenkampfes abgeändert wurde und wo der Islam leider zu nichts mehr als zu einer sozialen Ideologie reduziert wird. Solche Aktionen schaden neben Andersgläubigen vor allem Muslimen, die ihre Religion, wie verlangt, friedlich ausleben.